Bild: ©Richard Link 2015
Mehr Bürgerdialog in Nürnberg?
Die Kommunalwahlen in Bayern stehen unmittelbar vor der Tür – auch hier in der Frankenmetropole wird gewählt. 14 Kandidaten wollen in Nürnberg Oberbürgermeister (OB) werden. Der Bayerische Rundfunk räumt Vieren davon realistische Chancen ein, die nächsten sechs Jahre die Geschicke der Stadt zu lenken: SPD-Kandidat Thorsten Brehm, CSU-Herausforderer Marcus König, der Grünen Landtagsabgeordnete Verena Osgyan sowie Ümit Sormaz von der FDP. Diese vier aussichtsreichen Kandidaten haben wir im Folgenden zum Thema Bürgerbeteiligung befragt.
Wir wollen es wissen – Einstellung zur Bürgerbeteiligung
Als Kommunikationsagentur im Herzen Nürnbergs wissen wir aus unseren zahlreichen Kundenprojekten im Bereich Bürgerkommunikation, dass die Bürger in den letzten Jahren immer mehr Mitsprache und Teilhabe an Großprojekten einfordern und beteiligt werden wollen.
Mitsprache und Teilhabe an Großprojekten einfordern und beteiligt werden wollen. Wie sehen das die Kandidaten?
Generell setzen alle Kandidaten auf frühe und transparente Beteiligung der Bürger: CSU-Kandidat König etwa will alle Betroffen rechtzeitig informieren und – „sofern echte Beteiligung möglich ist – mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern Kompromisse erarbeiten, die für alle Beteiligten tragbar sind.“ Ähnlich äußert sich sein Konkurrent von der SPD Thorsten Brehm, der durch geeignete Beteiligungsverfahren (z.B. Projektbeiräte) sicherstellen will, „dass alle Interessenslagen in einer Stadtgesellschaft gehört werden und Entscheidungsfindung und deren Beweggründe nachvollziehbar sind.“ FDP-Mann Sormaz plädiert für eine Entscheidung des freien Marktes, indem zunächst alle Bürger per Befragung gehört werden. „Dann entscheidet demokratisch die Mehrheit und der freie Markt.“ Die Grünen-Kandidatin Osgyan will „eine Ausweitung niedrigschwelliger Beteiligungsformen während der Planungs- und Umsetzungsphase von Projekten schaffen. Das können beispielsweise Planungsworkshops oder Diskussionsforen sein, zu denen eine repräsentative Auswahl von Bürgerinnen und Bürgern eingeladen werden.“
Von links nach rechts: Verena Osgyan, Thorsten Brehm, Marcus König, Ümit Sormaz
(Urheber Bilder von links nach rechts: Stephan Spangenberg, Ludwig Olah, CSU-Stadtratsfraktion Nürnberg, Ümit Sormaz)
Stadt-Umland-Bahn – Wie können Bürger beteiligt werden?
Bei zwei Großprojekten – dem Ausbau des Frankenschnellwegs und der Stadt-Umland-Bahn (StUB) – gehen die Meinungen der Kandidaten in punkto Bürgerbeteiligung in Teilen auseinander. Bei der StUB stellt eine Bürgerinitiative den geplanten Verlauf in Frage, da dieser viel Naturraum zerstöre.
CSU, SPD und Grüne wollen allesamt die Bürger beteiligen: CSU-Kandidat König plädiert dafür, „alle Beteiligten an einen Tisch zu hole[n].“ SPD-Konkurrent Brehm möchte „die Vor- und Nachteile aller Trassenvarianten transparent und nachvollziehbar“ machen. Verena Osgyan von den Grünen wünscht sich einen offenen Dialog mit der Bürgerinitiative und will die Bürger bereits in der Vorbereitungsphase solcher Projekte informieren, um für mehr Akzeptanz zu sorgen.
Ümit Sormaz von der FDP sieht sich selbst als „Umweltkämpfer“, präsentiert aber kein Konzept zur Bürgerbeteiligung bei der StUB.
Ausbau Frankenschnellweg – Quo Vadis Bürgerbeteiligung?
Noch umstrittener ist der Ausbau des Frankenschnellwegs. Hier gibt es ebenfalls heftige Kritik etwa seitens einer Initiative, die den gesamten Ausbau stoppen möchte.
FDP-Mann Sormaz will dieser Kritik entgegen wirken, indem der Bevölkerung klar alle Vorteile erläutert werden. CSU-Kandidat König blickt zurück und findet Lob dafür, dass die „Stadt in zahlreichen Workshops mit Bürgervereinen und Initiativen, in Dialogrunden und im Anhörungsverfahren […] auf alle Einwendungen sachlich und ausführlich eingegangen ist.“ Thorsten Brehm von der SPD will die kritischen Stimmen anhören, ernstnehmen und fachlich beantworten.
Inwieweit konkrete Beteiligungsformen für den weiteren Verlauf des Projekts geplant sind, bleibt allerdings bei den drei Kandidaten offen. Konkreter äußert sich die Grünen-Kandidatin Verena Osgyan, die die Bürger gegebenenfalls in einem Bürgerentscheid die Entscheidung über den Ausbau des Frankenschnellwegs klären lassen will, „um größtmögliche Legitimation zu erlangen“.
Bürgerbeteiligung trägt zum Erfolg von Großprojekten bei
Die OB-Kandidaten sind sich also durchaus bewusst, dass Bürgerbeteiligung ein wichtiger Faktor zum Gelingen von Großprojekten ist. Welche konkreten Instrumente sie als Oberbürgermeister bei konkreten Projekte ins Leben rufen würden, bleibt allerdings teilweise noch offen. Generell können es sämtliche Kommunikationsmaßnahmen, Dialogformate oder Infomaterialien ermöglichen, Bürger zur Beteiligung und Mitsprache zu befähigen. Projektkommunikation erhält aber leider meist nur einen kleinen Stellenwert im Budget von Großbauprojekten.
Um Teilhabe zu ermöglichen, gilt es daher mit den Betroffenen auf Augenhöhe zu kommunizieren, mehr Transparenz zu schaffen und Mitwirkung zuzulassen. Vorhaben wie Stuttgart 21 haben gezeigt, wie wichtig die frühe Einbindung von Bürgern bei der Umsetzung solcher Großprojekte ist. Große Infrastrukturprojekte im Zuge der Energiewende sowie neuer Mobilitätskonzepte sind meist nur gemeinsam möglich. Deshalb sind hier eine frühzeitige Kommunikation, Transparenz und Bürgerdialog immens wichtig, Das sehen auch die vier Oberbürgermeisterkandidaten so und wollen die Bürger stärker in Entscheidungen zu diesen Projekten einbeziehen.
Diese Fragen haben wir den Kandidaten gestellt:
- Eine Bürgerinitiative ist gegen den geplanten Verlauf der Stand-Umland-Bahn (StUB), da dieser viel Naturraum zerstöre. Auf diese Sorgen gehe ich als Oberbürgermeister ein, indem ich …
- Die Initiative STATTautobahn will den Ausbau des Frankenschnellwegs verhindern. Das Wichtigste im Umgang mit kritischen Meinungen zu diesem Projekt ist in meinen Augen als Oberbürgermeister, dass …
- Als Oberbürgermeister binde ich bei künftigen Bau- und Infrastrukturprojekten interessierte Bürger ein, indem ich …