Interview mit der Transformations-Expertin Cornelia von Hardenberg

Flexibles und hybrides Arbeiten – Cornelia von Hardenberg gibt Antworten zu Organisation, Trends und Kommunikation in der neuen Arbeitswelt.

New Work ist mehr als eine Chance

New Work revolutioniert die Art und Weise, wie Menschen arbeiten und Unternehmen operieren. Es definiert ein modernes Arbeitsparadigma, das sich verstärkt den Bedürfnissen der Mitarbeitenden widmet. Dabei geht es nicht nur um die Tätigkeit selbst, sondern auch um die Schaffung einer Arbeitsumgebung, die attraktiv und inspirierend ist. Die Kombination neuer Arbeitsformen, darunter flexible Arbeitszeitmodelle, Homeoffice und Mobile Work sowie neuer Werte in der Arbeitswelt soll die Leistungsfähigkeit von Unternehmen steigern und verspricht gleichzeitig Lösungen für den Fachkräftemangel.

Doch wie lässt sich New Work wirklich leben, so dass daraus Vorteile erwachsen? Welche neuen Herausforderungen stellen flexible Arbeitsmodelle an Führungskräfte?  Und wie trägt Kommunikation zum Erfolg von New Work-Konzepten bei?

Über diese und viele weitere Fragen haben wir mit der Transformations-Expertin Cornelia von Hardenberg im Folgenden gesprochen.

  1. Durch die Covid-19-Pandemie haben viele Arbeitnehmer:innen das Homeoffice zu schätzen gelernt. Doch selbst große Tech-Konzerne wie Google oder Facebook riefen kürzlich ihre Teams wieder zurück ins Büro, da die Zusammenarbeit im Büro so viele positive Effekte hätte. Ist das so?

    Ob Remote Work, Homeoffice oder doch lieber im Büro – welches Arbeitsmodell am besten funktioniert, ist von verschiedenen Parametern abhängig. Hierzu gibt es eine aussagekräftige Studie von Prof. Dr. Sven Laumer, FAU Erlangen-Nürnberg, welche die drei Dimensionen „geografisch, zeitlich und kulturell“ als relevant für die Zusammenarbeit benennt. Entscheidend ist dabei der kulturelle Faktor.

    Je höher die kulturelle Distanz und je heterogener die Teams, desto wichtiger ist laut Studie der persönliche Offlinekontakt, um Missverständnissen und Konflikten vorzubeugen. Andererseits kann die dezentrale Zusammenarbeit von gut eingespielten, homogenen Teams hocheffektiv sein.

    Das heißt, dass vor allem neue Teams und neue Projekte sehr von Offline-Kontakten profitieren. Gerade beim Onboarding Prozess von neuen Mitarbeiter:innen ist der persönliche Kontakt zentral, um kulturelle Werte zu vermitteln und Wissen weiterzugeben.

    Bei der Organisation und Steuerung von Projekten zeigt die Erfahrung, dass ein Kick-Off in Präsenz immer von Vorteil ist. Wenn die Rollenverteilung, das Vorgehen und die Aufgaben einmal klar definiert sind, dann kann das Team auch effizient online weiterarbeiten. Aber der Rahmen muss klar gesteckt sein.
     
  2. Führung, Unternehmenskultur und Kommunikation sind die wichtigsten Grundpfeiler für das New Work-Konzept, welches von dem österreichischen Philosophen Frithjof Bergmann schon in den 1970er Jahren entwickelt wurde. Vor welchen Herausforderungen stehen vor allem Führungskräfte?

    Insgesamt geht es bei New Work um eine Arbeitskultur, die Vertrauen, Eigenverantwortung und Anpassungsfähigkeit in den Mittelpunkt stellt. Die kooperative und adaptive Führungsstruktur sollte sowohl die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden als auch die Erreichung der Unternehmensziele und somit die Erfordernisse des Marktes und der Kunden im Blick behalten.

    Dafür sind folgende Schlüsselfaktoren relevant:
     
    1. Vertrauen und Verantwortung: Führungskräfte sollten Vertrauen in ihre Mitarbeitenden setzen und Raum für eigenverantwortliches Handeln schaffen. Dezentralisierung von Entscheidungen fördert die Beteiligung und Eigeninitiative der Teams. Hier sind also auch die Mitarbeitenden gefragt. Sie müssen bereit und in der Lage sein, Verantwortung zu übernehmen. 
    2. Kommunikation und Transparenz: Offene Kommunikation ist ein entscheidender Erfolgsfaktor. Informationen sollten transparent geteilt werden, um das Verständnis für Unternehmensziele und -strategien zu fördern. Klare Antworten auf strategische Fragen bilden die Basis für die Motivation des Teams.
    3. Ergebnisorientierung und Feedbackkultur: Statt starrer Arbeitszeiten steht die Erreichung von Ergebnissen im Vordergrund. Führungskräfte sollten die Leistung ihrer Teams anhand von Zielen und Ergebnissen messen. Die Kriterien und die Form der Berichterstattung müssen definiert sein. Dazu gehört auch regelmäßiges Feedback, um die persönliche und berufliche Entwicklung zu fördern.

      Authentische und vertrauenswürdige Führung bedeutet, dass die Führungskräfte als Vorbilder für die Unternehmenswerte und -prinzipien agieren.
       
  3. New Work legt einen starken Fokus auf flexible Arbeitsmodelle und dezentrale Teamstrukturen. Wie wirkt sich dies auf die Kommunikation aus? Welche digitalen Tools und Plattformen bieten sich an, um die Kommunikation zu unterstützen und den Informationsfluss innerhalb des Unternehmens zu erleichtern?

    Der Kommunikation kommt eine Schlüsselrolle zu. New Work erfordert eine ganz klare und effektive Kommunikationsstrategie, um sicherzustellen, dass Informationen transparent geteilt werden, damit alle Teammitglieder auf dem gleichen Wissensstand sind.

    Dezentralen Teams helfen regelmäßige virtuelle Meetings, Chats und Kollaborationstools, den Informationsfluss aufrechtzuerhalten. Digitale Tools und Plattformen erleichtern zudem die Kommunikation über geografische Grenzen hinweg. Dies kann die Zusammenarbeit auch insofern verbessern, als Teammitglieder unabhängig von Standorten und Zeitzonen effizient zusammenarbeiten können. Dafür sind Cloud-Lösungen unerlässlich. Die Projektsteuerung kann über Boards erfolgen und über den Microsoft Planer, Trello oder Jira abgebildet werden, die Priorisierung der Aufgaben ist über Backlogs möglich.
     
  4. Welche Trends zeichnen sich ab?

    Die Kombination aus Büropräsenz und Remote-Arbeit wird immer mehr zur Norm. Unternehmen setzen vermehrt auf hybride Arbeitsmodelle, um Flexibilität und Work-Life-Balance zu fördern.

    Das führt dazu, dass die Form der Präsenzarbeit überdacht wird. Ein zentrales Element jeder Unternehmenskultur ist die Meetingkultur. Der Mehrwert, warum ich ins Büro kommen soll, muss klar werden. Meetings sollten interaktiv, lösungs- und zukunftsorientiert sein. Schließlich will niemand für eine reine rückwärtsgewandte Statusabfrage ins Büro kommen.

    Weitere wichtige Trends sind:

    Verantwortungsbewusste Unternehmensführung: Unternehmen übernehmen vermehrt soziale Verantwortung und engagieren sich für Umwelt- und Nachhaltigkeitsziele. Auch Gesundheitsprogramme und Maßnahmen zur Förderung der mentalen Gesundheit gewinnen zunehmend an Bedeutung.

    Diversität und Inklusion: Vielfalt wird immer häufiger als Stärke anerkannt. Deshalb setzen viele Unternehmen verstärkt auf Diversität und Inklusion, um unterschiedliche Perspektiven einzubeziehen und innovative Lösungen zu finden.

    Räumlichkeiten, die agiles Arbeiten fördern: Flexibel gestaltete Arbeitsbereiche ermöglichen es den Teammitgliedern, je nach Aufgaben und Bedürfnissen den passenden Raum auszuwählen – sei es für konzentriertes Arbeiten, Team-Meetings oder interdisziplinäre Workshops. Auch die Frage der Raum-Ergonomie stellt sich neu. Die sich immer mehr durchsetzenden Großraumbüros mit Shared-Desk-Modellen sind beispielweise oft sehr laut, insbesondere dann, wenn jeder vom Büro aus in Videomeetings eingewählt ist.

    Spannend ist auch die Entwicklung im ländlichen Bereich, wo immer mehr Coworking Spaces eine moderne Arbeitsumgebung bieten, um die Prinzipien von New Work auch abseits städtischer Ballungsräume zu verwirklichen.
     
  5. Zu guter Letzt: Ein Unternehmen startet ein neues Projekt bzw. formiert ein neues Team in einem hybriden Arbeitsumfeld. Wie sollte es vorgehen? Was sind Deine Tipps?

    Vertrauen ist für New Work und hybride Arbeitswelten elementar. Home-Office und virtuelles Arbeiten können durchaus positive Auswirkungen auf den Arbeitsalltag haben. Je nach Aufgabe und Branche kommt es jedoch auf den richtigen Mix aus Büro und Homeoffice an.

    Für den Aufbau von Teams oder den Start einer neuen Aufgabe empfehle ich Präsenztermine. Denn gerade emotionales Vertrauen wächst nachweislich viel besser in Offline-Kontakten.

    Für den weiteren Projektverlauf sollte es Leitplanken geben. Aber die Führung muss sich auch eine gewisse Flexibilität bewahren, um die Teams sowohl online als auch offline gut führen zu können.

    Letztendlich gibt es keinen Königsweg! Wichtig ist, sich auf den Weg zu machen und mutig zu sein. Es ist die Zeit des Ausprobierens und Fragenstellens.

Cornelia von Hardenberg ist Beraterin für Organisation, Dialog und Transformation und Partnerin im Institut für Transformationsmanagement (iTM). Sie begleitet Unternehmen, Teams und Menschen bei ihren Innovationsvorhaben.

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Christina Heinickel

Christina Heinickel
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